Sonntag, 28. August 2011

Kreationisten bei studiVZ Teil2

Kommen wir zur nächsten studiVZ Gruppe, die in ihrer Gruppenbeschreibung ihr Unverständnis gegenüber der Evolutionstheorie ausdrücken.
Diesmal ist es die Gruppe "EVOLUTION? NEIN DANKE! Lieber Gottes Kind als nur ein Affe!":
























Sehen wir mal, wie hier bei der wohl größten kreationistischen studiVZ Gruppe "ein falsches Zeugnis ablegt" wird:
"...diese Gruppe ist für Christen die glauben, daß der Mensch mehr ist als nur ein "veredelter Affe". Sie ist für die, die nicht daran glauben, daß ein so komplexes Wesen wie der Mensch nur durch ein bisschen "Zufall" entstanden sein kann, sondern das großartige Werk eines genialen Schöpfers ist."
Dieser Absatz ist zwar nicht als Argument geadacht, allerdings möchte ich trotzdem zu diesem Absatz etwas anmerken.
Auch nach der Evolutionstheorie wäre der Mensch kein "veredelter Affe". Auch ist Evolution nicht zufällig, zwar sind es Mutationen schon, die Selektion ist es aber nicht.
Außerdem stellt sich mir bei dem Zufalls-Strohmann immer die Frage, ob dieser Gott desjenigen, der dieses Argument bringt, unfähig ist, keine Geschöpfe zu schaffen. Ich meine, dieser fiktive angeblich allmächtige Gott hätte uns ja nicht erschaffen müssen, womit auch eine "Schöpfung" zufällig wäre, außer natürlich diesem Gott fehlt die Fähigkeit nichts zu tun, womit er auch nicht allmächtig wäre...
"Darwins Irrwahn hat genug Schaden angerichtet und Millionen zum Unglauben verführt. Die Rassenideologie von "höherwertigen" und "minderwertigen" Rassen war schließlich ein trauriger Tiefpunkt, nicht zuletzt auf den Ideen der Evolution basierend.
Menschen sollten in ihrem Gegenüber etwas "Göttliches" und nicht nur etwas "Animalisches" sehen. Das würde dieser Welt viel Leid ersparen. Das "Ebenbild Gottes" zu einem Affen zu degradieren ist jedenfalls eine Beleidigung der Majestät Gottes!"
Die "Ideen der Evolution" hatten mit der Rassenideologie nur wenig zu tun. Und auch die Idee einer göttlichen Herkunft, kann leicht zur Degradierung anderer als nicht göttliche angesehene "Rassen" geschehen.
Aber der Wahn von der "Reinheit des Blutes" fing schon wesentlich früher an, als mit dem Nationalsozialismus und auch vor der Geburt Darwins. Die "Statuten von der «Reinheit des Blutes»" von 1449 für den Rat der Stadt Toledo waren nämlich vom Grundgedanken her das Gleiche wie die Nürnberger Rassengesetze:
„[…] es wurde ein Kirchenstatut von unserem Erzbischof von Toledo vorgeschlagen, welches forderte, dass seit jenem Tage alle Kirchenpfründe jener Heiligen Kirche sowie Würdenträger wie etwa Domherren, Kostverteiler, Kapläne und Kleriker Altchristen sein müssen, also ohne Rasse eines Juden, Mauren oder Häretikers […]. "[1]
So sagte der spanische Priester Alfonso Martínez de Toledo im Jahre 1438:
„Man nehme zwei Söhne an, den eines Bauern und den eines Ritters: Beide wüchsen im Gebirge unter der Erziehung eines Mannes und eines Weibes auf. Du wirst sehen, dass der Bauer sich weiterhin über die Dinge eines Dorfes, so wie ackern, graben und Holz mit dem Vieh einsammeln, erfreuen wird; und der Sohn des Ritters wird sich nur dann erfreuen, wenn er reitend Waffen zu horten vermag und Messerstiche erteilen darf. Dies beabsichtigt die Natur, so wirst Du dieses in jenen Orten, in denen Du leben wirst, Tag für Tag beobachten können, so dass der Gute einer guten Rasse [rraça] von seiner Herkunft angezogen wird und der Benachteiligte, einer gemeinen Rasse [rraça] und Herkunft angehörig, unabhängig wer er ist und wie reich er sein mag, sich niemals von einer anderen Herkunft angezogen fühlen wird, als woher er ursprünglich stammt." [2]

Ab der Rückeroberung Andalusiens wurden Juden und Muslime aus Spanien vertieben und den konvertierten Juden und konvertierten Mauren wurde unterstellt, dass diese ihren Glauben immer noch heimlich ausüben, wodurch allein wegen ihrer Herkunft eine vollständige Eingliederung in die Gesellschaft nicht stattgefunden hat (Siehe Wikipedia: Rassismus).
Und natürlich war es auch nicht zuletzt der Christusmord, mit welchem der Antisemitismus und der Holocaust begründet wurden. Zur Veranschaulichung sind hier nochmal zwei Zitate von Adolf Hitler aus "Mein Kampf":
"Die ewige Natur rächt unerbittlich die Übertretung ihrer Gebote. So glaube ich heute im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn."
"Das Ergebnis jeder Rassenkreuzung ist also, ganz kurz gesagt, immer folgendes: a) Niedersenkung des Niveaus der höheren Rasse, b) körperlicher und geistiger Rückgang und damit der Beginn eines, wenn auch langsam, so doch sicher fort- schreitenden Siechtums. Eine solche Entwicklung herbeiführen, heißt aber denn doch nichts anderes, als Sünde treiben wider den Willen des ewigen Schöpfers."
Anzumerken wäre hier auch nochmal, dass man mit der Evolutionstheorie Aussagen wie "höherwertig" und "minderwertig" nicht sinnvoll sind.
Und auch der Spruch des Koppelschlosses der Wehrmacht zeigte ja auch eher religiöse Beweggründe.
Alles in allem ist der Nationalsozialismus nicht unbedingt ein Boden, den das Christentum für irgendwelche Argumentationen nutzen sollte, auch da eine Mitschuld am Nationalsozialismus (zumindest von evangelischer Seite) längst eingestanden wurde[3].

Aber es geht ja noch weiter:
"Hier soll ein Raum sein für diejenigen, die nicht mit dem Strom schwimmen und nicht bereit sind, einer radikal-atheistischen Philosophie zu folgen."
Eine "radikal-atheistische Philosophie" ist mir gänzlich unbekannt. Aber wenn sich diese Leute damit rühmen, dass sie einer Sache nicht folgen, die es garnicht gibt, sollen sie doch. Nur frage ich mich schon, was für ein Feindbild diese Leute in ihren Köpfen haben, dass diese sich so etwas einbilden.

Nur leider darf man niemanden dort darauf hinweisen, dass sie sich in einigen Punkten ziemlich Täuschen, wie aus den "Aktuellen Infos" hervorgeht:

"20.2.2010
Mal wieder zur Erinnerung:

Da es leider immer wieder Störer gibt, die hierher kommen um Streit anzufangen, muß ich nochmal ein paar Dinge klarstellen:

1. Diese Gruppe ist ausschließlich für Christen die glauben, daß der Mensch sowie alles Seiende das Werk eines genialen Schöpfers ist. Wir glauben, daß dieser Schöpfer einen Sohn mit Namen JESUS CHRISTUS hat, in dem allein das Heil des Menschen liegt.
2. Die Bibel ist für uns das Wort Gottes und hat höchste Autorität.
3. Beleidigungen und darwinistische / atheistische Missionierungsversuche, sind absolut zu unterlassen. Auch wer spotten oder provozieren will ist hier falsch und sollte dieser Gruppe bitte garnicht erst beitreten.

Bitte beachtet das."
Wer also nicht die wirren Gedanken dieser Gruppe teilt, ist nicht berechtigt, diese Leute auf klare argumentative und inhaltliche Fehler hinzuweisen. Wie ich aus anderen Foren weiß, gelten auch das Kritisieren von Fehlern bei Kreationisten bereits als "Missionierungsversuche". Ähnliches dürfte es auch bei dieser Gruppe sein, wie es aus dem Punkt Nr. 3 hervorgeht.

Alles in allem finde ich es ziemlich traurig, dass sich extreme realitätsleugnende Gruppen in sozial Networks breitmachen. Aber immerhin bietet das Internet auch gleichzeitig die Möglichkeit der Aufklärung und eben dies halte ich anbetracht solcher Flunkereien für überaus notwendig.

[1] Zitiert nach Torres & Sebastián, S. 221.
[2] Zitiert nach Hering Torres, Max Sebastián: Rassismus in der Vormoderne. Die „Reinheit des Blutes“ im Spanien der Frühen Neuzeit. Campus Verlag, Frankfurt/Main 2006, ISBN 3-593-38204-0, S. 219.
[3] Stuttgarter Schuldbekenntnis


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